Die Kirschen im Dorf lassen
Vom 30. Juli bis 3. August 2015 fand in Zagare/Litauen das diesjährige Treffen aller Charta-Partnergemeinden statt. Natürlich war auch wieder eine Delegation aus Hepstedt dabei. (Beim Klick auf die Fotos bekommt man eine Großansicht.)
Als erste exotische Besonderheit fielen merkwürdige handballgroße rote Kugeln auf, die immer im Zweierpack an Laternen, Häuserwänden und sogar in den Bäumen hingen: Kirschen! Höhepunkt des dörflichen Lebens in Zagare ist nämlich das alljährlich stattfindende Kirschfest, zu dem wir zwei Wochen zu spät kamen, das aber in Form besagter Kirschen, kunstvoll gestalteter Vogelscheuchen und einer überdimensionalen Raupenskulptur im ganzen Dorf seine Spuren hinterlassen hat. Überhaupt scheint Zagare ein ziemlich kreativer Ort zu sein, was man schon allein an den zahlreichen künstlerisch gestalteten Häuserfassaden sehen kann.
Auch wir ungefähr 270 Gäste aus 27 Ländern durften am zagarischen Gestaltungswillen teilhaben. Unter dem Motto „Spirit and Energy“ bemalten wir Drachen und ließen sie steigen, schnitzten unsere Herkunftsländer in den Baumstamm vor dem Töpfe- und Pfannenhaus, bastelten Vogelscheuchen, lernten Tänze, wurden Teil einer Sound-Performance in der stillgelegten Molkerei und stellten Fingerpuppen im Puppentheater her.
So ganz nebenbei erfuhren wir Einiges über das Dorf, das in früheren Zeiten einmal eine blühende Kleinstadt mit vielen jüdischen Einwohnern gewesen war. Als man irgendwann auch noch die Bahnlinie verlegte, wurde es immer stiller um Zagare, das im Norden Litauens ganz nahe der lettischen Grenze ohne nennenswerte Industrie immer mehr Einwohner verlor. Vor zehn Jahren waren es noch 2.500, inzwischen sind so viele Leute in die Großstadt oder nach Westeuropa gezogen, dass in Zagare jetzt nur noch 1.700 Menschen leben.
Wir wohnten bei Elena, einer Lehrerin, die neben ihrem Beruf noch den Hund, die Katzen, die Enten, Gänse, indischen Laufenten und Hühner versorgt und außerdem einen Gemüsegarten in Selbstversorgerausmaßen bewirtschaftet, von Obstbäumen inklusive dem obligatorischen Kirschbaum ganz zu schweigen. Am Sonntag haben wir dann noch den berühmten Berg der Kreuze besucht, abends gab es noch einmal Tanz und zum krönenden Abschluss eine beeindruckende Feuershow.
Es war schön und interessant.
Text: Inge Glinsmann
Fotos: Inge Glinsmann und Katrin Grunert